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Etwa 15 km nördlich von Saarbrücken, da wo A1 und A8
sich kreuzen, liegt die Ortschaft Göttelborn. Das unterirdische
Göttelborn, wo bis vor kurzer Zeit Kohle abgebaut wurde gibt
es nicht mehr - nur noch die Gebäude des Betriebes über
der Erde. Über 100 Jahre Grubengeschichte gehen zu Ende.
Was tun ?
Ein Ort hat sich im Laufe der Zeit um die Grube herum angesiedelt,
die jetzt nicht mehr da ist. Das Loch wurde "verfüllt".
Es ist nur noch der Sicherheitsdienst beschäftigt, der aufpasst,
dass keiner unerlaubt das Gelände betritt. Die anderen sind
Zuhause oder in Rente gegangen.
Die Kantine auf dem Werksgelände nennt sich Kaffeekich und
hat nach wie vor zu Schichtzeiten geöffnet — die es
aber nicht mehr gibt. Darin sitzen die arbeitslosen Bergleute
und trinken Bier und essen Lyoner und erzählen Geschichten
von gestern.
L'art pour l'art:
Der höchste Förderturm
Europas (90 m) ist eine Investitionsruine. Er wurde fertig gebaut
(1995 ), förderte jedoch nie Kohle.
Man kann sich fragen, aufgrund welcher Verstrickungen von Politik
und Wirtschaft derartige Projekte auf Kosten der Allgemeinheit
durchgeführt werden.
Warum hat keiner was gewusst?
Nachdem die Deutsche Steinkohle AG die Industriebrache an die
Industriekultur Saar GmbH (als private Vortäuschung öffentlichen
Besitzes?) übergeben hat, stellt sich die Frage nach der
Revitalisierung des Geländes unter Einbeziehung der noch
vorhandenen Infrastruktur.
Bislang gibt es Interesse von einer Behindertenwerkstatt und einem
Bio-Forschungslabor. Künstler werden eingeladen, um ein neues
Image aufzubauen.
Nach dem Vorbild des IBA-Emscher Park in Nordrhein-Westfalen wurde
von Herrn Dr. Ganser eine Studie für Göttelborn erstellt,
welche eine nachhaltige wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung
für diesen Ort skizzieren sollte.
Die Industriekultur Saar GmbH wurde unter anderem zu dem Zweck
gegründet, diese Studie Realität werden zu lassen. Eine
wie es scheint unlösbare Aufgabe.
Leider beachtete man nicht, dass die Gegebenheiten im Saarland
nicht vollständig vergleichbar mit denen in Nordrhein-Westfalen
sind:
Die Anlage Göttelborn ist kein einzigartiges Bauwerk. Als
Industrieruine unter Denkmalschutz konkurriert es im Großraum
Saarbrücken mit dem Weltkulturerbe Völklingerhütte
und dem Carreau Wendel jenseits der französischen Grenze.
Kultur braucht viele Menschen - die Anlage Göttelborn war
nie ein soziales Zentrum. Göttelborn war nie eine Metropole
und wird auch so schnell keine sein. Göttelborn ist ein "Outpost".
Ein Ort der Verschwiegenheit.
Göttelborn: ein Komplex von Industrieanlagen ohne Funktion
auf der Suche nach einer neuen Bestimmung.
Diese Internetseiten entstanden auf mehreren Ausflügen nach
Göttelborn auf Anregung eines Projektes von Prof. Hausig
an der Hochschule der Bildenden Künste Saar (siehe
hier). Sie stellen ein persönliches Projekt dar und spiegeln
zunächst nur meine persönliche Anschauung.
Es gibt einen Bereich "Souvenirpostkarten"
von dem aus man das Bild eines Buchcovers aus den Restbeständen
der Werksbibliothek verschicken kann. Aus einer Zeit in der die
"gender-studies" noch ganz am Anfang standen.
Sie stellen meinen persönlichen Eindruck des status quo in
Göttelborn dar und ich hoffe, dass es in einigen Jahren einen
Vergleich geben wird, der meinen Pessimismus widerlegt.
Wie wird Göttelborn wohl dann aussehen?
Werden High Tech Flure
vollvernetzt nach außen abgeschirmt oder werden unbeheizte
Räume von erdverbundenen
Kunststudenten zu Elfenbeintürmen
uminstalliert?
Oder wird es einfach nur da sein und verfallen und
es interessiert schon lange keinen mehr.
Auf jeden Fall wird es bis dahin noch jede Menge Pläne
für Göttelborn geben und den Ort zu einer Ingenieurslegende
werden lassen, deren physische Existenz
von nachrangiger Bedeutung sein wird.
Göttelborn als Versuch, die Hoffnung nicht aufzugeben, obwohl
unsere Kohle schon lange nicht mehr kann?
Ludwig Schmidtpeter im März 2003-2005
© Alle Rechte vorbehalten
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